Poker um Posten Nato bezahlt hohen Preis für Rasmussen

Auch die Mitarbeit in der Europäischen Verteidigungsagentur, die bislang durch Zypern blockiert worden war, fällt der Türkei zu. US-Präsident Barack Obama, der sich zum ersten Mal als Krisenmanager bewährte und die Nato zur Feier ihres 60-jährigen Bestehens vor einer Pleite bewahrte, soll sich für die Einhaltung der Zusagen an die Türkei verbürgt haben. - 20150707 collective defence img 375

Poker um Posten
Nato bezahlt hohen Preis für Rasmussen
von Joachim Zepelin und Fidelius Schmid (Strassburg)
Die Türkei hat sowohl von der Nato als auch von Dänemark und der EU Zugeständnisse für die Wahl des dänischen Ministerpräsidenten zum neuen Nato-Generalsekretär erhalten. Ankara wurden hohe Posten bei der Nato versprochen, darunter der eines stellvertretenden Generalsekretärs.

Auch die Mitarbeit in der Europäischen Verteidigungsagentur, die bislang durch Zypern blockiert worden war, fällt der Türkei zu. US-Präsident Barack Obama, der sich zum ersten Mal als Krisenmanager bewährte und die Nato zur Feier ihres 60-jährigen Bestehens vor einer Pleite bewahrte, soll sich für die Einhaltung der Zusagen an die Türkei verbürgt haben.

In diplomatischen Kreisen hieß es, die EU werde zudem im Rahmen der Beitrittsverhandlungen der Türkei die beiden Kapitel Energie und Steuern in Kürze eröffnen. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn dementierte allerdings, dass es einen Zusammenhang zwischen der Wahl Rasmussens und den Beitrittsverhandlungen gäbe. “Aus unserer Sicht sollten bis Ende Juni mindestens zwei Verhandlungskapitel mit der Türkei eröffnet werden. Es gibt dabei keinerlei Zusammenhang mit Vorgängen bei der Nato”, sagte Rehn der FTD.

Rasmussen selbst erklärte sich auf dem Nato-Gipfel in Straßburg bereit, sich öffentlich für seine Rolle im Karikaturenstreit 2005 zu entschuldigen, möglicherweise schon am Montagauf einer Uno-Konferenz in Istanbul. Außerdem versprach Rasmussen, die Schließung eines kurdischen Senders in Dänemark juristisch prüfen zu lassen und engere Kontakte zur islamischen Welt zu suchen. Nach FTD-Informationen waren zwei dänische Staatsanwälte bereits in der Türkei, um Material gegen Roj TV zu sammeln.

Die Türkei hatte ihren Widerstand gegen Rasmussen damit begründet, dass der sich 2005 auf die Seite von dänischen Zeitungen stellte, die mit Karikaturen des Propheten die Gefühle vieler Muslime verletzten. Außerdem hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan von Dänemark gefordert, den als Sprachrohr der kurdischen Arbeiterpartei PKK geltenden Sender Roj TV zu verbieten.

Am Freitagmorgen hatten sich die Fronten verhärtet. Rasmussen erklärte offiziell seine Kandidatur, woraufhin Erdogan seine Vorbehalte gegen den Dänen wiederholte. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollten sich von dessen Argumenten jedoch nicht unter Druck setzen lassen und demonstrierten öffentlich den Willen, Rasmussen auf dem Gipfel zu wählen.

Doch als beim Abendessen in Baden-Baden alle Vermittlungsbemühungen scheiterten, stand der Gipfel vor einem Desaster. Ein Misserfolg hätte tiefe Gräben zwischen der Türkei und den 27 anderen Nato-Mitgliedern aufgerissen. Die Folgen für das Verhältnis zu den islamischen Staaten ließen sich nur schwer abschätzen.

Am Samstagmorgen schaltete sich zunächst Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein. 23 Minuten telefonierte er vom Rheinufer aus mit Erdogan, während sich seine Amtskollegen zu einem symbolischen Gruppenfoto auf einer Brücke versammelten. Doch auch er konnte keinen Erfolg melden. Erst als Obama in Straßburg zwei Stunden lang mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül und Rasmussen verhandelte, gelang der Durchbruch. Die vorgesehene Zeit für die Sitzung war seit drei Stunden abgelaufen.

In diplomatischen Kreisen wurde der Erfolg der Türkei jedoch zwiespältig beurteilt. Durch die von Merkel und Sarkozy unterstützte Kandidatur Rasmussens sei die Türkei zwar in die Lage gekommen, den Bündnispartnern “Daumenschrauben anzulegen”. Doch die Verärgerung über die weitreichenden türkischen Forderungen für die Wahl Rasmussens könne sich nun gegen die Türkei wenden.

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