Wie ein geprügelter Hund vom Multikulti-Kiez verjagt

Thilo Sarrazin: Wie ein geprügelter Hund vom Multikulti-Kiez verjagt

Von Weltoffenheit und Neugier keine Spur: Dem „Deutschland schafft sich ab“-Autor schlug in Kreuzberg dumpfer Hass entgegen. Eindrücke von Thilo Sarrazin.

Zur Frage der Integration von Migranten aus muslimischen Ländern enthält mein Buch „Deutschland schafft sich ab“ zahlreiche statistische und analytische Aussagen sowie Schlussfolgerungen daraus. Über die Interpretation des einen oder anderen Sachverhalts kann man sicherlich unterschiedliche Einschätzungen haben. Beleidigungen oder allgemeine Abqualifizierungen der Türken oder Araber als Volksgruppe oder des Islam als Religion enthält das Buch jedenfalls nicht.

Gleichwohl kamen aus islamischen Verbänden, insbesondere aber der türkischen Gemeinschaft in Deutschland, immer wieder Vorwürfe, ich hätte „Ausländer“ oder „Muslime“ oder „Türken“ mit meinem Buch kollektiv beleidigt. Es war gegenüber denen, die solche Vorwürfe erhoben, nicht kommunizierbar, dass statistische Vergleichsdaten entweder valide sind oder nicht, aber niemals etwas über den einzelnen Fall aussagen.

Statistiken müssen dem Wahrheitskriterium genügen, ihre Interpretation muss vorsichtig erfolgen, Rahmenbedingungen müssen dabei beachtet werden. Beleidigen können sie niemals, wenn sie nicht mit Beleidigungsabsicht gefälscht sind.

Beleidigt-Sein als Diskussionsstrategie

Über diese Tendenz bei Vertretern muslimischer Migranten, auf unbequeme Tatsachen beleidigt zu reagieren, und den Versuch, bei denen Schuldgefühle zu wecken, die unangenehme Tatsachen aussprechen, unterhielt ich mich bei einem gemeinsamen Aufenthalt in Istanbul im September 2010 mit Necla Kelek. Sie beruhigte mich, das müsse ich nicht so ernst nehmen.

Die Tendenz, beleidigt zu reagieren, und der Versuch, beim Gegenüber Schuldgefühle zu wecken, seien in der orientalischen Mentalität und dem islamischen Glauben tief verankert. Das sei eine gezielte Strategie, um in einer Diskussion Vorteile zu gewinnen. Ich wunderte mich ein wenig über diese robuste Antwort. Aber sie passte zu dem, was schon Walter Laqueur über das ewige Beleidigtsein der Araber in Frankreich geschrieben hatte.

Dieser Tage drehte das ZDF anlässlich der bevorstehenden einjährigen Wiederkehr des Erscheinungsdatums meines Buches einen Film über mich. In diesem Zusammenhang erklärte ich mich bereit, zusammen mit dem Fernsehteam einen Gang durch Kreuzberg zu machen. Ich hatte in den zehn Monaten seit Erscheinen meines Buches niemals das Gefühl gehabt, auf der Straße besonderen Anfeindungen ausgesetzt zu sein. Diesmal, im Angesicht der Fernsehkameras, war das anders.

via Thilo Sarrazin: Wie ein geprügelter Hund vom Multikulti-Kiez verjagt – Nachrichten Politik – Deutschland – WELT ONLINE.


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