WikiLeaks-Gründer in Haft: Assange-Anhänger feiern ihr Idol

Von Carsten Volkery

Die Angriffe auf WikiLeaks-Gründer Assange und seine Festnahme in London lösen eine weltweite Welle der Solidarität aus. Schriftsteller, Wissenschaftler und Anwälte fordern die australische Regierung auf, ihren umstrittenen Staatsbürger zu schützen – auch gegen die Brachialrhetorik der US-Konservativen.

Gegen ein Uhr mittags erscheint der Flüchtling vor dem Amtsgericht in Westminster. Dutzende Fotografen und Kameraleute rangeln um das beste Bild. Julian Assange sitzt im Fonds einer dunklen Limousine, er ist in Polizeigewahrsam und nur deshalb vor dem Londoner Gericht, weil die Behörden das Auslieferungsverfahren nach Schweden einleiten wollen.

Einige Unterstützer aus der Gruppe „Justice for Assange“ – Gerechtigkeit für Assange – kommen später zum Gerichtsgebäude. Sie halten Exemplare des aktuellen „Time Magazine“ in der Hand. Auf dem Cover: Ihr Idol mit einer US-Flagge quer über dem Mund.

Spätestens seit dem Aufschrei in den USA über die jüngsten WikiLeaks-Enthüllungen und den Morddrohungen gegen seine Person ist der 39-jährige Gründer der Internetplattform für viele zur globalen Symbolfigur der Meinungsfreiheit geworden. Sein Bild ist omnipräsent, nicht nur auf dem Fahndungsaufruf von Interpol; „Wanted“ stand über seinem Foto. Der öffentliche Feldzug gegen den untergetauchten Whistleblower hielt die ganze Welt in Atem.

Seit Dienstagmorgen ist das Versteckspiel vorbei. Assange meldete sich freiwillig bei Scotland Yard. Die Londoner Polizei kannte den Aufenthaltsort des Australiers schon länger, doch ließ sie sich mit der Festnahme Zeit. Einmal ließ sie den Haftbefehl nach Schweden zurückgehen – wegen Formfehlern.

Assange bleibt in Untersuchungshaft

Nun läuft das Auslieferungsverfahren gegen Assange. Er wurde wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gesucht. Außerdem werden ihm dort Nötigung und sexuelle Belästigung vorgeworfen. Assange bestreitet alles und spricht von einem politisch motivierten Rachefeldzug. Weil er nicht vor Gericht in Schweden erschienen war, stellte die schwedische Staatsanwältin Marianne Ny einen europäischen Haftbefehl aus.

Das Amtsgericht von Westminster lehnte es ab, Assange gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen. Mehrere Prominente wie etwa Millionärstochter Jemima Khan und Filmregisseur Ken Loach hatten angeboten, für ihn zu bürgen. Der Richter sagte jedoch, er habe Grund zu der Annahme, dass Assange zu weiteren Befragungen nicht mehr erscheinen würde. Assange bleibt nun in Untersuchungshaft bis zu einer zweiten Anhörung am 14. Dezember. Dann soll entschieden werden, ob er nach Schweden ausgeliefert wird. Es wird erwartet, dass die britischen Behörden dem schwedischen Gesuch entsprechen – das ist so üblich unter EU-Partnern.

Assange will sich jetzt mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Auslieferung nach Schweden wehren, weil er fürchtet, dass darauf die Auslieferung in die USA folgen könnte. Dort, so argumentieren seine Anwälte, könne er nicht mit einem fairen Prozess rechnen. Doch hat die US-Regierung noch keine Anklage gegen Assange erhoben. Sie tut sich offensichtlich schwer damit, eine Begründung zu finden. Landesverrat scheidet aus, weil Assange kein US-Bürger ist.

Washington hält sich entsprechend bedeckt, eine Entscheidung über ein Auslieferungsgesuch gibt es noch nicht. „Unsere Untersuchung läuft weiter. Darüber hinaus ist seine Festnahme zu diesem Zeitpunkt eine Angelegenheit Großbritanniens und Schwedens“, sagte Philip Crowley, Sprecher des US-Außenamts. Er betonte aber erneut, dass man die Veröffentlichung der Diplomatendepeschen als Verbrechen einstufe. Die USA hatten zuvor Assanges Festnahme begrüßt. Es handele sich um eine gute Nachricht, sagte Verteidigungsminister Robert Gates zu mitreisenden Journalisten auf dem Weg nach Kabul.

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