US-Pastor will Koran verbrennen

Auf der Website seiner Gemeinde in Florida predigt Terry Jones wider den Islam. Foto: AFP

US-Pastor will Koran verbrennen
Terry Jones – ein Prediger des Hasses
VON PETER WÜTHERICH, AFP – zuletzt aktualisiert: 08.09.2010

Washington (RPO). Ein Kleinstadtprediger lehrt die Welt das Fürchten. Terry Jones will öffentlich den Koran verbrennen. Die Mächtigen der Welt sind entsetzt und machtlos. Der 58-Jährige Pastor hat schon während seiner Zeit in Deutschland mit radikalem Denken provoziert. Weggefährten von damals attestieren ihm ein übersteigertes Geltungsbedürfnis.
Mit seinem Aufruf zur öffentlichen Koran-Verbrennung am Jahrestag der Anschläge vom 11. September lässt Terry Jones, der Pastor einer kleinen fundamentalistischen Christengemeinde in Florida, die mächtigsten Amtsträger der Welt machtlos aussehen. Das Weiße Haus, das US-Außenministerium, die Militärallianz Nato – sie alle warnen vor den wütenden Gegenreaktionen, die Jones‘ Aktion in muslimischen Ländern hervorrufen könnte. Verhindern können sie sie nicht. Der weltweite Wirbel steht in gewissem Missverhältnis zur Anhängerschaft des Mannes: Jones‘ Gemeinde zählt nur etwa 50 Mitglieder.

Der 58-jährige Jones trotzt den Warnungen, mit seiner Standhaftigkeit sieht er sich in der Tradition biblischer Propheten. Ihn treibt die Furcht vor einer Abkehr der USA vom wahren christlichen Glauben. Insbesondere den Islam sieht Jones als dämonische Kraft, die es auf die Schwächung seines Landes abgesehen habe. Seine Botschaft: Der Islam selbst – und nicht nur dessen verzerrte Auslegung durch Radikale – führe zu Gewalt und erfordere deshalb Gegenwehr. „Wenn Ihr uns angreift, greifen wir Euch an“, sagt Jones den Muslimen.
Wenig deutete auf Jones‘ bisherigem Lebensweg darauf hin, dass er einmal im Zentrum einer internationalen Kontroverse stehen könnte. Jones arbeitete laut US-Medien früher als Hotelmanager. In den vergangenen 30 Jahren reiste er immer wieder als Missionar nach Europa. Anfang der 80er Jahre gründete er auch in Deutschland, in Köln, eine freikirchliche Glaubensgemeinschaft. Erst 2008 kam es zur Trennung. Ursache dafür waren vor allem Unstimmigkeiten mit der Finanzierung. Seitdem hat es offenbar keinen Kontakt mehr zwischen der Gruppe und Jones gegeben.

Die Glaubensgemeinschaft distanzierte sich gleichzeitig entschieden von den Plänen ihres Gründers zur Koran-Verbrennung. „Wir sind absolut bestürzt darüber. Das ist völlig unchristlich“, sagte Sprecher Thomas Müller. Die Pläne von Jones seien eine Gefahr für die Christen in aller Welt. „Er hat ein übersteigertes Geltungsbedürfnis. Nur daraus kann ich mir diese Aktion erklären“, fügte er hinzu.
Seit 1996 leitet er die kleine Gemeinde Dove World Outreach Center in Gainesville in Florida. Auf dem 20-Hektar-Anwesen der Kirche ist er oft mit einer Pistole am Gürtel zu sehen, wie Lokalmedien berichten.

Mit ein paar Dutzend Anhängern ist Jones‘ Gemeinde klein – zu klein für die Ambitionen des Pastors. Er sieht es als sein Ziel, die Gemeinde von einer „örtlichen Kirche zu einer Kirche mit weltweiter Vision“ zu machen, wie er es auf seiner Internetseite formuliert. Erreichen will er dies offenbar mit einem persönlichen Feldzug gegen die Weltreligion Islam. Im Netz veröffentlichte Jones eine Reihe von Videopredigten gegen den Islam, mit denen er ein größeres Publikum erreichen will. Auch in einem Buch dämonisierte Jones den Islam. „Der Islam ist des Teufels“, lautet der Titel.
Mit der geplanten Koran-Verbrennung begeht Jones‘ Kirche einen Tabubruch, der von vielen christlichen Gemeinden in den USA scharf verurteilt wird. In ihrer demonstrativen Rückbesinnung auf das, was als wahrer und ursprünglicher Glaube wahrgenommen wird, steht Jones‘ Gruppe aber durchaus exemplarisch für eine Vielzahl unabhängiger Kleingemeinden in den USA, die sich um charismatische Pastoren gruppieren und sich im Kampf um die Anwerbung von Gläubigen mit fundamentalistischen Heilsbotschaften profilieren.

Jones‘ Kirche etwa verspricht den Gläubigen eine „Rückkehr zur Wahrheit“. Sie fordert ein „Ende des Versteckens“ des christlichen Glauben. Abtreibung bezeichnet sie als „Mord“, Homosexualität ist für sie „Sünde“. Und der Islam, heißt es auf der Internetseite der Kirche, führe „die Menschen direkt in die Hölle“. Ihrem Selbstverständnis nach sieht sich Jones‘ Gemeinde als „neue Generation“ im Dienst Gottes, als Vorhut im Kampf um den wahren Glauben.
Wer sich als Träger göttlicher Wahrheit sieht, tut sich freilich schwer mit Kompromissen. Die Warnung von Afghanistan-Kommandeur David Petraeus, dass die Koran-Verbrennung Muslime beleidigen und das Leben von US-Soldaten gefährden könnte, nehme er „sehr ernst“, sagte Jones. „Die Botschaft, die wir aussenden wollen, ist aber viel wichtiger als die Tatsache, dass einige Leute beleidigt sein könnten“, sagte der Pastor weiter. „Wir glauben, dass wir vor den Gefahren des Islam nicht zurückweichen dürfen.“

Quelle:

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