Türkei: Deutschland soll Visumspflicht kippen

Türkei: Deutschland soll Visumspflicht kippen
VON THOMAS SEIBERT – zuletzt aktualisiert: 23.09.2010
Istanbul Sinan schüttelt ungläubig den Kopf. „Ich habe studiert, ich spreche drei Sprachen, ich habe einen festen Job, aber bei den Deutschen muss ich um ein Visum betteln.“ Der Japonologe aus Ankara hat schon im Ausland gearbeitet. Das langwierige deutsche Verfahren bei der Visa-Vergabe für Türken empfindet er als erniedrigend. Und er ist nicht allein. Die türkische Forderung nach einer Aufhebung der deutschen Visumspflicht ist eines der beherrschenden Themen des dreitägigen Besuchs, zu dem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gestern in der Türkei eingetroffen ist.
Auch die deutsch-türkische Handelskammer in Istanbul fordert von de Maizière wenigstens Lockerungen bei der Visa-Vergabe, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem letzten Türkei-Besuch in Aussicht gestellt hatte. Es gebe immer mehr Hinweise, dass Türken auf Investititionen in Deutschland verzichten, weil sie immense Visa-Probleme haben.
Ein deutscher Geschäftsmann brauche nur einen Ausweis und ein Flugticket, um sofort einen Termin in Istanbul wahrzunehmen. „Sein türkischer Geschäftspartner hingegen muss oft mehrere Wochen warten, bevor er überhaupt seinen Antrag auf Erteilung einer Einreiseerlaubnis abgeben darf“, sagte Franz Koller, Präsident der deutsch-türkischen Handelskammer.
Rund 200 000 Visa-Anträge bearbeiten deutsche Auslandsvertretungen in der Türkei pro Jahr. Wegen der langen und teuren Prozedur – etwa 85 Euro müssen Geschäftsleute laut Kammer pro Visum zahlen – sinkt die Bedeutung Deutschlands als Handels- und Investitionspartner der aufstrebenden Wirtschaftsnation. Ein Grund sei, dass europäische Mitbewerber und Schengen-Staaten wie Frankreich und Italien den Türken bei der Visa-Vergabe weniger Steine in den Weg legen.
Kollers Kammer fordert deshalb kürzere Wartezeiten, weniger Bürokratie und mehr Transparenz bei den deutschen Visa. Bei deutschen Politikern spürt Koller ein Umdenken. Er hoffe deshalb, „dass auf diesem Gebiet tatsächlich etwas passiert“. Im Auswärtigen Amt sieht man die ganze Angelegenheit etwas anders. Die Wartezeiten lägen nicht bei mehreren Wochen, sondern bei mehreren Tagen, hieß es.
Für de Maizière stand in der Türkei aber auch das Thema Integration auf der Tagesordnung. In Ankara wollte er sich unter anderem mit Ali Bardakoglu treffen, dem Leiter des staatlichen Religionsamtes, das die türkischen Imame nach Deutschland schickt. Dabei wollte Bardakoglu den Gast mit Blick auf die Forderung der CSU nach Deutschkursen für die türkischen Geistlichen über die bereits bestehenden Vorbereitungskurse für Imame informieren. So durchlaufen die Geistlichen unter anderem einen mehrmonatigen Deutschkurs und lernen auch die Kultur des Gastlandes kennen.
Quelle: Rheinische Post

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