Cem Özdemir als Bube am Brunnen von Bad Urach

„Die ersten Kopftücher sah ich in Schwaben“

Vor 50 Jahren haben Deutschland und die Türkei ein Anwerbeabkommen unterzeichnet. Cem Özdemir ist Kind der ersten türkischen Migrantengeneration. Im Interview erzählt er die Geschichte einer geglückten Integration.

25. Juli 2011 2011-07-25 19:00:00

Cem Özdemir als Bube am Brunnen von Bad Urach
Cem Özdemir als Bube am Brunnen von Bad Urach

Herr Özdemir, Sie wohnen heute mitten im türkischen Kreuzberg. Wie fällt der Vergleich zu Ihrer Kindheit im schwäbischen Bad Urach aus?

Cem Özdemir als Bube am Brunnen von Bad UrachCem Özdemir als Bube am Brunnen von Bad Urach

Kreuzberg ist sehr vielfältig. Es gibt hier die Türken, Kurden und Araber, die weitgehend unter sich bleiben, und genauso eine neue Schicht von Migrantenkindern, die Akademiker sind und von denen niemand redet. Damals gehörte ich zur ersten Generation türkischstämmiger Kinder im schwäbischen Urach. Dort gab es Griechen, Portugiesen, Jugoslawen. In deren Sprachen kannte ich nur die Schimpfwörter. Ansonsten war unsere gemeinsame Sprache zwangsläufig Schwäbisch.

Woher kamen Ihre Eltern?

Ganz klassisch über das deutsch-türkische Anwerbeverfahren vom 31. Oktober 1961, genau vor 50 Jahren. Häufig kam zuerst der Mann, und die Frau reiste nach. Meine Eltern haben sich erst hier kennengelernt. Wenn Sie so wollen, bin ich ein Produkt des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens.

In der Türkei hätten sich Ihre Eltern nie kennenlernen können?

Schwäbisch spricht Cem hier schon ganz gut, im Türkischen hapert es noch.Schwäbisch spricht Cem hier schon ganz gut, im Türkischen hapert es noch.

Eher nicht, mein Vater kommt aus einem entlegenen Dorf bei Tokat, meine Mutter aus der Stadt Istanbul.

Sie ist Akademikerin?

Das hat einmal jemand fälschlich behauptet, seither schreiben es alle Journalisten voneinander ab. Sie kommt aber aus einer bürgerlichen Familie. Der Großvater war Offizier im türkischen Befreiungskrieg, sie hat im Basar gearbeitet und die Schule mit Abschluss beendet, anders als mein Vater.

via Cem Özdemir: „Die ersten Kopftücher sah ich in Schwaben“ – Wirtschaftspolitik – Wirtschaft – FAZ.NET.


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