Einreise verweigert: Türken erhalten oft kein Visum für Deutschland

Für die Türkei liegt die Ablehnungsquote für Visa über dem Durchschnitt. So wurde allein ein Viertel der Anträge aus Anatolien abgelehnt. Im Fall Russland bekennt Kanzlerin Angela Merkel: Wir sind die Bremser.

Deutschland macht die Grenzen weiter dicht gegen Ausländer, die man verdächtigt, dass sie nicht rasch wieder gehen wollen – neben Afrikanern vor allem Türken. Und dies geschieht deutlich öfter als rechtmäßig: Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, sind Klagen gegen die deutsche Visapraxis auffallend oft erfolgreich.

In den vergangenen drei Jahren wurden gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amts, die dem Tagesspiegel vorliegt, regelmäßig etwa ein Drittel der erteilten Visa entweder vor Gericht erzwungen oder erst erteilt, nachdem die Antragsteller Klage eingereicht oder mit ihr gedroht hatten.

Im Jahre 2008 betraf dies 703 von 2347 erteilten Visa, im Jahr danach 671 von 2208 und im vergangenen Jahr 646 von 2188. Ohnehin ist die Beweislage für angeblichen Visumsmissbrauch dürftig. Statistische Daten würden „nicht erfasst“, schreibt dazu das Auswärtige Amt. Gleiches bei den Gründen für die Ablehnung eines Visums – etwa unglaubhafte Angaben zum Zweck des Deutschlandbesuchs, fehlende Reiseversicherung oder gefälschte Dokumente: „Hierzu liegen der Bundesregierung keine statistischen Angaben vor.“

Die Quote abgelehnter C-Visa im Verhältnis zu erteilten lag 2010 weltweit bei 7,41. Dieser Visumstyp berechtigt etwa zu zeitlich befristeten Gastaufenthalten in Deutschland, auch zu Verwandtenbesuchen. Für die Türkei lag die Ablehnungsquote im Einzugsgebiet der Konsulate von Izmir und Istanbul 2010 schon leicht darüber – bei jeweils mehr als acht Prozent – in Ankara aber beim mehr als Dreifachen des weltweiten Schnitts, knapp 24 Prozent. Abgelehnt wurde also etwa ein Viertel der Anträge aus Anatolien, dem in der Fläche nach wie vor armen türkischen Kernland, aus dem das Gros der Gastarbeitergeneration stammt.

Dabei hätten sie es von Rechts wegen wohl gar nicht nötig, Visa für Besuche zu beantragen. Wie kürzlich auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags feststellte, ergibt sich aus dem Assoziationsrecht zwischen der Türkei und Europa „ein implizites Aufenthaltsrecht für türkische Staatsangehörige in den Mitgliedstaaten der EU“. „Willkürlich und europarechtswidrig“ nennt Sevim Dagdelen, Migrationspolitikerin der Linken, deshalb die geltende Visapflicht für Türken. Die „Tore der Festung Deutschland“ würden „nur für die von der deutschen Wirtschaft als nützlich und erwünscht betrachteten ausländischen Fachkräfte einen Spalt geöffnet“.

Ein Schuldbekenntnis in der Visa- Frage machte am Dienstag die Kanzlerin – freilich Russland gegenüber: Am Rande der deutsch-russischen Regierungskonsultationen sprach sich Angela Merkel für Erleichterungen aus. „Deutschland war hier bisher der Bremser, nicht Europa“, sagte sie und nannte neben der Reisefreiheit von Geschäftsleuten ausdrücklich auch Touristen und Studenten, die künftig leichter reisen können sollten.

via Einreise verweigert: Türken erhalten oft kein Visum für Deutschland – Politik – Tagesspiegel.


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